Stress; Bedeutung und Relevanz im Sport

Stress, der wohl wichtigste nicht- beachtete Faktor für Sportliche Leistungsfähigkeit. In diesen, versuchsweise kurz gehaltenen, Artikel soll es um Folgen auf die Trainingsplanung, die Leistung sowie einiger Grundlegenden Dinge Rund ums Thema Stress gehen.

Wie definiert man "Stress"?

Zunächst stellen wir uns also die Frage was Stress eigentlich ist, wobei die meisten bereits hier keine richtige Antwort wissen, oder sich vielmehr des Ausmaßes nicht bewusst sind.

Also, als Stress gilt jeder innere oder äußere Stimulus, der eine Reaktion des Körpers provoziert (hervorruft).

Diese Definition ist keineswegs einfach nur etwas unglücklich gewählt, sie ist so schwammig, weil das entsprechende Ausmaß einfach so weitreichend ist. So zählt als Stress jede Art von Belastung oder Ähnliches die dem Körper zugeführt wird, wohlgemerkt von außen, durch externe Umstände, oder aber von innen, Inform von mentalem Stress. Hierbei spielt Trainingsstress genauso mit ein wie Berufsstress.

Selbstverständlich kann man eine Unterteilung in Belastungen mit daraus resultierender physischer und nicht- physischer Erschöpfung vornehmen, wobei dies weniger Einfluss auf das Stressmanagement an sich, sondern mehr mit spezifischer Erschöpfung zu tun hat. So beeinflusst mentaler Stress die Fähigkeit des Körpers sich an Reize anzupassen genauso wie zusätzliche äußere Belastungen. Krafttraining, oder im Grunde jede Sportart basiert genau darauf, durch entsprechende Reize (Belastungen) Anpassungen, sprich Adaption des Körpers zu erreichen und dadurch einfach gesagt besser zu werden. Es ist also nichts weiter als ein, relativ spezifischer, Stressor mit dem Ziel entsprechende Anpassungen zu erreichen.

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Stressoren & Stressmanagement

Das „Stressmanagement“ kann man sich Bildlich sehr einfach in Form von Stresskapazitäten vorstellen. Der Körper hat nur eine gewisse „Menge“ an „adaptiven Ressourcen“ um auf Stress, jeglicher Art, zu reagieren (Abb. 1). Verschiedene Stressoren summieren sich also (Abb. 2) aufeinander und ergeben so die Summe.

Vorab muss selbstverständlich gesagt werden, dass ein gewisses Grundmaß an Stress absolut notwendig ist. Der obig geschriebenen Definition nach ist es auch völlig unmöglich alle Stressoren zu vermeiden bzw. auf null zu setzen, wenn man bedenkt, dass jegliche Belastung als solcher gilt. So ist unser gegenwärtiger körperlicher Zustand das Resultat eben Solcher, auf ihn einwirkenden, Stressoren. Stress ist also sehr wichtig für unser Dasein, eben durch diese Wirkung ist das Auffassungsvermögen aber natürlich endlich.

Bedeutung für den Sportler

Sport ist hierbei das beste Beispiel, da im Grunde alles auf zugeführten Stress und die entsprechende Reaktion bzw. Anpassung beruht. Der Trainingsstress ist also notwendig, um Fortschritte zu machen, kann bei übermäßiger Anhäufung aber auch zu einem „Kollaps“ des Systems führen. Der Zustand des „Übertrainings“ ist also durchaus möglich. Zugegebenermaßen ist solch ein extremer Zustand, vor allem vorwiegend durch akute Stressoren, recht schwer zu erreichen, aber dazu kommen wir gleich.

Die Kernaussage dahinter ist „unsere Stresskapazitäten sind begrenzt“. Training, als einer von vielen Stressoren, wird entsprechend beeinflusst, oder vielmehr die Menge an verkraftbarem Training wird dadurch beeinflusst. Dies wiederum bedeutet, dass die Menge an verkraftbarem Training stark variieren kann und eben von anderen Stressoren abhängt, die eben nicht nur physische Aktivitäten sein können, sondern eben auch mentaler Stress.

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Zurück zu den Basics

Sehen wir uns also „die Grundpfeiler des Kraftsports“ nochmals an. Bestehend aus Training, Stimulus und Regenerationskapazität bilden sie die Grundlegenden Faktoren für Sportliche Fortschritte. Im dazugehörigen Abschnitt wurde dies erstmals sehr isoliert betrachtet, aber natürlich spielt Stress, in Form anderer beliebiger Stressoren, hier auch eine entscheidende Rolle. Abbildung 3 soll dies etwas veranschaulichen.

So muss man sich im Klaren sein, dass alle Stressoren in diesen theoretischen „Stresspool“ einfließen, für spezifische Adaptionen aber entsprechend spezifische Reize (Stress) gegeben sein müssen. Wie im Artikel „Grundpfeiler des Kraftsports“ beschrieben, muss das Training, also der Stress den Stimulus übersteigen, um Adaptionen möglich zu machen. Dieser Stimulus ist aber „Reiz- bzw. Stressspezifisch“ und z.B. Berufsstress wird darin nicht positiv miteinspielen. Mit anderen Worten eine gewisse „Art“ von zugeführten Stress hat selbstverständlich auch andere Anpassungen zu folge. So kann es unter Umständen dazu kommen, dass das Training in Kombination mit anderen Stressoren die Kapazitäten übersteigt, bzw. nicht genügend „Platz“ für den entsprechenden (gewollten) Trainingsstress bleibt.

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Spezifität ist die Grundlage

Wichtig zu verstehen ist im Bezug auf das Thema Stress, vor allem mit Blick auf die sportliche Leistungsfähigkeit, die Stress-spezifische Adaption. So existiert wie gesagt ein bestimmtes Maß an Stress bzw. kann nur ein gewisses Maß an Stress verkraftet werden. der Begriff „Stress“ steht hier einheitlich für jegliche Stressoren, fasst diese also, verständnishalber, zusammen.

Verschiedene Stressoren jedoch, erfordern natürlich auch andere Anpassungsmechanismen, so baut man schließlich nicht Muskulatur auf, wenn bspw. im Büro ein Stressiger Tag war. Die entsprechende Stress- Adaption ist also spezifisch den jeweiligen Umständen entsprechend, was also die Wichtigkeit der Spezifität, als Faktor des Trainings, erklärt.

„Specific adaptation on imposed demand”

Dieses Zitat, oder besser gesagt dieses „Gesetz“ wurde schon des Öfteren erwähnt, da es die Thematik auf den Punkt bringt. Man trainiert als olympischer Gewichtheber schließlich nicht gleich wie ein Radfahrer, da spezifische Zielsetzungen ebenso spezifische Stressoren (Training) benötigen.

in der Praxis heißt das...

Praxisbezogen müssen wir also verstehen, dass wir unser Training in bestimmten Situationen anpassen müssen. Wie in anderen Abschnitten noch genauer behandelt wird,  sollte Training bzw. die Trainingsplanung kein Strikter Plan, sondern mehr eine Art Leitfaden sein.

So reicht es nicht Sätze, Wiederholungen und Gewicht zu „tracken“ und zu Glauben die Reaktion vorherzsagen zu können, da sich andere Inputs ändern. Das Stichwort liegt hier sicherlich vor allem auf Chronischen Stress. Akuter Stress im Gegenzug dazu, als welcher auch das Training zu sehen ist, ist meistens weniger schwierig zu handhaben. Akuter Stress beschreibt also „momentane“ Stresssituationen, wie es eben auch Sportliche Aktivitäten sind, die nach einer gewissen Zeit „aufhören“ bzw. nachlassen. Das Problem mit chronischem Stress, wie er womöglich bei vielen Berufen der Fall ist, ist entsprechend der fortlaufende Zustand. So kann chronischer Stress bspw. keine Sportart sein, da die entstehende physische Erschöpfung dies gar nicht ermöglicht.

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physisch und psychisch...

Wenn es um Stressmanagement geht, kann man immer Stress unterscheiden, der tatsächliche physische Erschöpfung verursacht, sowie mentaler Stress, der völlig unabhängig von körperlichen Aktivitäten entstehen kann.

Das Problem mit mentalem Stress ist hierbei, dass er relativ ist. So beruht er sehr wahrscheinlich auf die entsprechende Wahrnehmung als Stress der jeweiligen Person. Trainingsstress als Gegenbeispiel dazu, unabhängig der Art des Trainings, beruht nicht auf dem „Glauben“ sich in einer stressigen Situation zu befinden, da man sich eben tatsächlich in einer körperlichen Aktivität mit daraus resultierender körperlicher Erschöpfung zum Beispiel befindet.

So ist es vollkommen logisch, dass zusätzliche Körperliche Stressoren Auswirkungen auf das Training haben, da der Bewegungsapparat, samt der dazugehörigen Strukturen belastet worden ist.

Mentaler Stress ist also weniger greifbar und schwieriger handzuhaben aber genauso real, wobei die Frage besteht inwiefern die eigene Auffassung bzw. Wahrnehmung als „Stress“ darin einfließt.

weiterführend:

In Folgender Untersuchung wurde genau dieser chronische, psychische Stress das Training beeinflusst:

Chronic Psychological Stress Impairs Recovery of Muscular Function and Somatic Sensations Over a 96-Hour Period Stults-Kolehmainen et. Al.

Hier wurde, wie der Studientitel ablesen lässt, die Auswirkung auf die Regeneration untersucht. Um in wenigen Worten die Ergebnisse zusammenzufassen kann man sagen, dass die „high- Stress“ Gruppe in so ziemlich allen Messungen schlechter abschloss. (Natürlich spiegelt dies bei weitem nicht die komplette Untersuchung wieder, jedoch würde eine genauere Aufarbeitung diesen Artikel unnötig in die Länge treiben. Bei Interesse steht der obige Link zur Studie zur verfügung.)

Kleine Ausschnitte aus entsprechender Untersuchung:

„This investigation demonstrates that chronic mental stress has a measurable impact on the rate of functional muscle recovery from strenuous resistance training over a 4-day period. Specifically, higher levels of stress resulted in lower recovery curves and, conversely, lower levels of stress were associated with superior levels of recovery.”

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“Consequently, it may be prudent for such individuals to monitor recovery and prescribe more time for recuperation during periods of inordinate mental stress.”

So ist es, besonders für ambitionierte Athleten, wichtig das Trainingspensum bzw. die Regenerationszeit anzupassen und Stress jeglicher Hinsicht nicht als unwichtig abzustempeln.

Eine weitere Interessante Untersuchung aus 2017 handelt um die Auswirkungen von Stress auf dem gesamten Körper:

The impact of stress on body function: A review

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